Zeitsprung: Wir befinden uns nun Ende des Jahres 2020 und noch immer ist kein Ende der Suche nach einer Baufirma in Sicht. Inzwischen sind wir nicht nur verzweifelt, sondern es macht sich auch Wut breit: Wut auf den Berufsstand des Architekten, auf die Baubranche im Allgemeinen, auf die hohlen Versprechungen und Arroganz der Fertighausfirmen, auf das Kleingedruckte der Schlüsselfertiganbieter – um nur einige zu nennen.
Nachdem wir die Liste der Architektenkammer rauf und runter telefoniert hatten und auch sämtliche Empfehlungen oder Ratschläge aus dem Freundes-, Bekannten- und Verwandtenkreis nachgegangen sind, mussten wir feststellen, dass der Berufsstand eines Architekten ein ganz spezieller ist. Entweder man gehört dem illustren Kreis an, oder man ist ihm schutzlos ausgeliefert: Die wenigen Architekten, die sich überhaupt bereiterklärt hatten, uns und unser Vorhaben nicht sofort abzulehnen und mit uns ins Gespräch zu kommen, schienen sich mit den ersten überschlägigen Einschätzungen der Kosten für unser Haus gegenseitig überbieten zu wollen. Teilweise gab es Unterschiede zwischen den Schätzungen der einzelnen Architektenbüros um 30 %. Da stellt sich die Frage, wer hier mit wem das Hütchenspiel spielt bzw. wer mit goldenen Wasserhähnen und Marmorfliesen rechnet und wer einfach nur ein ganz normales Einfamilienhaus nach den Vorgabne der Baugenehmigung baut.
Auch Hausbaufirmen, die schlüsselfertige Lösungen anbieten, haben wir kontaktiert. Aber leider eher mit mäßigem Erfolg. Zwar zeigten sich durchaus einige interessiert. In den konkreten Angebotsdurchsprachen stellten sich allerdings zunehmend Planungsfehler seitens des coolen Architektenbüros heraus: da war zum Beispiel die Trennwand zum direkt angrenzenden Nachbarn zu dünn ausgelegt, wodurch die geltenden Schallschutzanforderungen voraussichtlich nicht eingehalten werden konnten. Eine dickere Wandstärke hat aber eine Verkleinerung der Innenräume zur Folge. Die Podesttreppe müsste verkleinert werden, die Flure schmaler etc.. Außerdem fehlten Aussparungen für den Technikschacht komplett, die Wasserleitung verliefen in den tragenden Wänden – solche Dinge hatten wir in der Grundrissplanung nie berücksichtigt und wurden darauf in der Planungsphase auch nie hingewiesen. Die Liste mit den zu beachtenden Punkten bei der Ausführungsplanung wuchs zusehens. Ein Vertreter, der bei uns zuahuse am Esstisch Platz genommen hatte, hat uns während des Angebotsgespräch erzählt, dass er bereits Kontakt mit dem coolen Architekten gehabt hatte und konnte unsere Erfahrungen und Eindrücke gut nachvollziehen: „Sämtliche Schrauben und Nägel“ hätte die coole Socke sich während der Zusammenarbeit mit der Hausbaufirma extra vergolden lassen. Eine Zusammenarbeit bei weiteren Projekten mit dem coolen Architekten sei erstmal nicht geplant…
Schließlich machte ich mich in meiner Verzeiflung im November vergangenen Jahres auf und besuchte mal wieder die Fertighausausstellung. Eigentlich waren wir davon schon lange abgekommen, aber wenn die Verzweiflung groß genug ist, zieht man auch längst verworfene Pläne wieder in Betracht. Obwohl ich in etwa 15-20 Häusern mit der fertigen Baugenehmigung vor dem Gesicht der Fertihausbaufirmen wedelte, zeigte nur eine einzige Interesse. Allen anderen Firmen zeigten kein Interesse an „einem solch kleinen Bauvorhaben“. Eine Firma sagte mir: Sollten wir ein haus mit mehr als 180 m², Dachterrasse und Sauna planen, könnten wir uns gerne wieder bei ihnen melden. Dankeschön!